Energierecht/Die Energierechtsnovelle

Am 13.7.2005 ist das grundlegend reformierte Energiewirtschaftsgesetz in Kraft getreten. Die später in Kraft getretene Netzzugangs- und Netzentgeltverordnung komplettierte die Reform. Umstritten bleiben allerdings die Fragen zu dem Netzzugang, der Kalkulation der Netznutzungsentgelte sowie der staatlichen Regulierung.

Letztverbraucher von Elektrizität und deren Lieferanten haben einen Anspruch auf Abschluss eines Netzzugangsvertrages (§ 24 Abs. 1 i.V.m. § 25 Abs. 1 StromNZV) mit den Energieversorgungsunternehmen, aus deren Netz die Entnahme und in deren Netz die Einspeisung erfolgen soll. In einem sog. Lieferantenrahmenvertrag (Netznutzungsvertrag mit Lieferanten) müssen nicht (mehr) bestimmte Entnahmestellen genannt werden. Diese Verträge gelten für alle aktuellen und zukünftigen Kunden des Lieferanten in einem Netzgebiet.

Wie bisher schließt der Endkunde mit dem Lieferanten einen „all-inclusive“-Vertrag ab. Dabei übernimmt der Lieferant die Netznutzung, das heißt den Stromtransport zum Kunden. Auf Wunsch kann der Endkunde aber mit dem Netzbetreiber einen Netznutzungsvertrag abschließen, damit er flexibler die Lieferanten wechseln oder Strom von mehreren Lieferanten beziehen kann. § 24 Abs. 1 Satz 2 StromNZV regelt nun ausdrücklich die früher umstrittene Frage, dass der Abschluss eines Lieferantenrahmenvertrages nicht abhängig gemacht werden darf von dem gleichzeitigen Abschluss eines Netznutzungsvertrags mit dem Letztverbraucher.

Ein Lieferantenwechsel unterliegt nun einem einheitlichen Verfahren mit festgeschriebenen Fristen. Wechselentgelte sind ausdrücklich verboten.

  • Zugang zu Gasversorgungsnetzen

Die Neuregelung in § 20 Abs. 1b EnWG zu dem Zugang zu Gasversorgungsnetzen entspricht dem „Entry-Exit-Modell“, wonach Ein- und Ausspeisekapazitäten getrennt voneinander nutz- und handelbar sind. Deshalb ist jetzt nur noch ein Einspeisevertrag mit den Netzbetreibern, in dessen Netz die Einspeisung erfolgt, und ein Ausspeisevertrag mit dem Netzbetreiber, aus dessen Netz das Gas entnommen wird, abzuschließen. Beide Verträge bestehen aus einem Kapazitätsvertrag, § 3 Abs. 2 GasNZV, der die Kapazitätsrechte des Transportkunden für den einzelnen Transportvertrag begründet; einem Portfoliovertrag, der die konkrete Transportleistung bestimmt, und einem Bilanzkreisvertrag über die Einrichtung von Bilanzkreisen und zur Abrechnung von Differenzmengen. Das frühere Nebeneinander verschiedenster Transportverträge besteht mit dieser Neuregelung nicht mehr. Die Netzbetreiber müssen nun im Innenverhältnis die Abwicklung des Transports über mehrere durch Netzkopplungspunkte miteinander verbundene Netze übernehmen, indem sie einen Ein- und Ausspeisevertrag abschließen. Die Betreiber dieser Netze müssen nun den Transaktionsaufwand betreiben und bei der Berechnung der Kapazitäten und der Kosten- und Entgeltfrage eng zusammenarbeiten, § 20 Abs. 1 b 8 EnWG. Nach einem Ampelsystem sind knappe Kapazitäten auf der Internetseite des jeweiligen Netzbetreibers zu kennzeichnen, § 10 GasNZV. Verbleibende freie Kapazitäten werden in einem Versteigerungsverfahren vergeben, § 10 Abs. 4 bis 6 GasNZV.

Neuen Lieferanten kommt das „Rucksack-Prinzip“ des § 20 Abs. 1b 9 EnWG i.V.m. § 9 Abs. 7 GasNZV zu Gute. Beim Wechsel eines Abnehmers zu einem neuen Lieferanten können die neuen Lieferanten vom bisherigen Lieferanten die Übertragung der bisher gebuchten und erforderlichen Ein- und Ausspeisekapazitäten verlangen, wenn die Belieferung des Kunden anders nicht möglich ist. Dies erhöht die Wettbewerbschancen der neuen Lieferanten.

Unverändert blieb die Regelung, dass ein Netzbetreiber den Zugang zu seinem Energieversorgungsnetz verweigern kann, wenn ihm die Gewährung des Netzzugangs aus betrieblichen oder sonstigen Gründen nicht möglich oder zumutbar ist. Hierfür trifft ihn die Beweislast.

  • Kalkulation und Regulierung der Netzentgelte

Die Bedingungen und Entgelte für den Netzzugang müssen § 21 Abs. 1 EnWG entsprechen. Sie müssen danach angemessen, diskriminierungsfrei und transparent sein. Ferner dürfen sie nicht günstiger sein, als die von den Betreibern der Energieversorgungsnetze in vergleichbaren Fällen. Das bisher praktizierte Bemessungssystem hat die Neuregelung weiter entwickelt. §§ 21, 21 a EnWG geben nur den Rahmen der Entgeltbemessung an. Die Stromnetzentgeltverordnung, die Gasnetzentgeltversorgung konkretisieren diesen Rahmen. Die Regulierung der Entgelte erfolgt schrittweise. Zunächst werden die der Entgeltberechnung zu Grunde liegenden Kosten kontrolliert. Dann werden die Nutzungsentgelte mit den Erlösen oder Kosten verglichen. Nach einer Übergangsfrist soll schließlich das System der Kostenkalkulation und des Vergleichsverfahrens in ein System der Anreizregulierung übergeleitet werden.