Urteil des BGH vom 19.04.2007 Az.: III ZR 75/06
Der BGH hat sich mit diesem Urteil zu den Voraussetzungen der Haftung desjenigen geäußert, der gegen eine Gewinnbeteiligung innerhalb des Familienkreises die Anlage eines größeren Geldbetrages in Aktien übernimmt.
In dem entschiedenen Fall waren die Parteien familiär verbunden. Die Klägerin hat dem Beklagten eine zuvor von ihrem Arbeitgeber erhaltene größere Abfindungssumme zum Zwecke der Anlage in Aktien gegen eine 30%ige Gewinnbeteiligung überlassen. Der Beklagte hatte eine Banklehre durchlaufen, war aber weder gewerblich noch als Angestellter im Bankgeschäft tätig und hatte zuvor für seine Mutter ebenfalls gegen Gewinnbeteiligung Geldbeträge in Aktien angelegt.
Nach anfänglichen Gewinnen fielen die Aktien der Klägerin, so dass ihr nach Abschluss der Transaktionen lediglich noch ein Bruchteil der ursprünglichen Anlagesumme verblieb.
Die Klägerin verlangt nun von dem Beklagten den Ersatz des ihr durch die Transaktionen entstandenen Schadens.
Der BGH bestätigt zunächst die Auffassung der Instanzgerichte, nach der kein bloßes Gefälligkeitsverhältnis zwischen den Parteien vorliegt, im Rahmen dessen der Beklagte nur die in eigenen Angelegenheiten anzuwendende Sorgfalt zu beachten hätte und eine Haftung des Beklagten praktisch schwer durchsetzbar wäre. Gegen ein solches bloßes Gefälligkeitsverhältnis spricht nach Auffassung des Gerichts die Vereinbarung einer Gewinnbeteiligung sowie die Höhe der überlassenen Anlagesumme (145.000 DM).
Allerdings haftet der Beklagte trotz einer eingegangenen rechtsgeschäftlichen Bindung der Parteien auch nicht wie ein professioneller Anlageberater. Als solcher wäre er verpflichtet gewesen, zunächst das Anlageziel und die Risikobereitschaft der Klägerin abzuklären und ihr gegebenenfalls von der Anlage in Aktien abzuraten.
Die Klägerin sei mit dem ausdrücklichen Wunsch einer Investition in Aktien an den Beklagten herangetreten, um die erhaltene Abfindung, die sie aktuell nicht benötige, gewinnbringend zu parken. Des Weiteren sei ihr das allgemeine Verlustrisiko einer Aktienanlage bewusst gewesen. Im Übrigen war der Klägerin bekannt, dass der Beklagte keine professionelle Aktienanlage betrieb.
Nach Auffassung des BGH rechtfertigen diese Umstände keine weitergehenden Beratungs- und Aufklärungspflichten des Beklagten. Die Klägerin hat dem Beklagten gerade kein aufgrund seiner besonderen Fähigkeiten auf dem Gebiet der Aktienanlage gerechtfertigtes Vertrauen entgegengebracht, welches nach der Dogmatik des BGH solche umfänglichen Verpflichtungen des Beklagten begründen könnte. Im Übrigen begründe die vorliegende Konstellation auch keinen derartigen Wissensvorsprung des Beklagten, welcher ebenfalls Grundlage für Aufklärungsverpflichtungen sein könnte.
Der BGH sieht den Anlageberater mit Gewinnbeteiligung aus dem familiären Umfeld also in einer Stellung zwischen demjenigen, der nur aus Gefälligkeit handelt, und dem professionellen Berater. Deutlich wird auch, dass der Anleger nur dann den vollen Schutz der Rechtsprechung genießt, wenn er sich von einem ausgewiesenen, in diesem Gebiet beruflich tätigen Fachmann oder einer Bank beraten lässt.
Schon aus diesem Gesichtspunkt der vollen Haftung des professionellen Anlageberaters empfiehlt es sich, auch einen solchen zu beauftragen und von Geldgeschäften innerhalb der Familie Abstand zu nehmen.